Internationale Tagung für Design und Philosophie

Der Begriff Digitalisierung bezeichnet den vielfältigen Wandel, der durch die Nutzung digitaler Technik erfolgt. Digitalisierung sorgt für einen tiefgreifenden Wandel in der Gesellschaft. Es ist von einer digitalen Transformation oder gar von einer digitalen Revolution die Rede. Digitalisierung steht bei vielen für die Chance auf mehr Lebensqualität, den wirtschaftlichen Aufschwung und Wohlstand. Andere wiederum befürchten deren negative Effekte wie digitale Kontrolle, Angreifbarkeit, Datenschutzprobleme und Arbeitslosigkeit. Dabei scheint es, dass der Erfolg der Digitalisierung zum großen Teil vom Design abhängig ist. Denn Design gestaltet nicht nur Produkte, die die digitale Technik anwendet, sondern auch die Kommunikationsprozesse selbst, die neben den technischen Fragen auch soziale Aspekte mit beinhalten.​

Zur Diskussion stellen sich daher die Fragen: Wie kann Design die Potentiale der Digitalisierung sinnvoll nutzen und die daraus entstandenen Herausforderungen erfolgreich bewältigen? Welchen Beitrag kann Design leisten, um den digitalen Wandel aktiv mit zu gestalten und für die Gesellschaft nutzbar zu machen?

Die Redner der Tagung

Prof. Dr. Siegfried Zielinski

Das Digitale als Analogie zur alchemistischen Formel für Gold.

Die Welt der digitalen Daten ist eine transformierte Welt. Sinnlich Erfahrbares und in Medien Ausdrückbares wird in Codes verwandelt, mit denen sich rechnen und schließlich eine alternative Welt projizieren lässt. Solche Transformationen sind uns aus der früheren Neuzeit bekannt als das Versprechen der Alchemisten, aus der gemeinen Materie Gold gewinnen zu können.

Prof. Prof. h.c. Dr. Dr. h.c. Siegfried Zielinski Professor for Archaeology & Variantology of the Arts & Media at Berlin University of Arts, Michel-Foucault-Professor for Techno-Aesthetics and Media Archaeology at the EGS Saas Fee (CH), member of the Academy of Arts Berlin and the Academy of Science and Arts of Northrhine-Westfalia.

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Prof. Joachim Sauter

Postdigital – Poetry is the New Black

In a time where any information at any time and anywhere is accessible immediately and directly, poetry comes back to focus. It is a a form of communication, which is indirect, has to be deciphered and metaphorically decoded.
This goes hand in hand with a renaissance of the tangible as a reaction to the virtualization of our world.
As media designers we refocussed from expressing information virtually to tangible poetry. We build spaces and experiences not any longer digitally but merge the best of the digital and the tangible world.

Prof. Joachim Sauter ist ein deutscher Medienkünstler und -gestalter und gilt als Pionier der Neuen Medien. Seit Beginn seiner künstlerischen und gestalterischen Tätigkeit beschäftigt er sich mit dem Computer als Werkzeug und Medium. Seit 1991 ist Joachim Sauter Professor für Kunst und Gestaltung mit digitalen Medien an der Universität der Künste, Berlin, seit 2001 Adjunct Professor für Mediengestaltung und Medienkunst an der UCLA, Los Angeles. 2017 ist er Praxisstipendiat der Deutschen Akademie Rom Villa Massimo.

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Prof. Christian Jendreiko

Das Umherschweifen einrenken

In seinem Vortrag beleuchtet Prof. Christian Jendreiko eine Reihe von grundlegenden Fragen zur Design-Praxis unter digitalen Produktionsbedingungen. Eine der Fragen lautet, ob wir im Design-Prozess besser mit einer Klasse von Algorithmen rechnen, die wir noch nicht kennen.

Prof. Christian Jendreiko lehrt Design und Strategien Digitaler Kommunikation im Fachbereich Design an der HS Düsseldorf. Er entwirft algorithmusbasierte Experimentalsysteme. 2003 wurde eine Reihe seiner Arbeiten in die Sammlung des Museé d’Art Moderne, Centre Pompidou, Paris, aufgenommen.

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Prof. Dr. Jan Willman

Design im (zweiten) digitalen Zeitalter: Entwurf, Materialität und Autorenschaft

Im Zentrum des Vortrags steht die zunehmende Verschränkung von algorithmischen und materiellen Praktiken in den Gestaltungsdisziplinen. Hierbei sollen die konkreten Veränderungsprozesse und immanenten Herausforderungen für Kunst, Design und Architektur im (zweiten) digitalen Zeitalter diskutiert werden.

Prof. Dr. Jan Sebastian Willman ist Professor (Jun.-Prof.) für Theorie und Geschichte des Design an der Bauhaus-Universität Weimar. Sein Forschungs- und Publikationsschwerpunkt ist die Theorie der Gestaltung vom 19. bis 21. Jahrhundert an der Schnittstelle zur Geschichte der Medien- und Informationstechnologie bis ins Digitale Zeitalter.

Prof. Dr. Enrico Terrone

Designing Experiences. Virtual Reality and the Ontology of Art

I will investigate the ontological status of works of virtual reality. I will argue that virtual reality leads us to conceive of the artistic creation in general as the design of a peculiar experience to be instantiated by the appreciator’s performance.

Prof. Dr. Enrico Terrone is Juan de la Cierva Postdoctoral Fellow at the Logos Research Group of the Universitat de Barcelona. His research concerns the nature of technological and artistic artifacts, especially films.

Prof. Dr. Stefan Asmus

Algorithmus und Poesie

Die Digitale Welt entsteht durch das fortschreitende Prozessieren des Formrepertoires rechnender Maschinen. Der Computer geht rein quantitativ vor, er ist nicht lebendig.Dem Algorithmus selbst wohnt kein Gestaltungsprinzip inne. Die digitale Maschine und nachgerade die digitalen Medien verblenden den Zusammenhang zur Leere der Welt und damit zur Metaphysik. Dies macht deutlich, dass die poetische Dimension als eigenständige reale Dimension im Unterschied zur rechnenden Instanz, ihrer Logik und Algorithmen entwickelt werden soll.

Prof. Dr. Stefan Asmus ist einer der Pioniere der systemisch orientierten Hypermediaentwicklung in Deutschland. Seit Anfang der 90er Jahre verbindet er Erkenntnisse der Systemtheorie, der Kybernetik 2. Ordnung und der Neueren Ästhetik mit Praxis- und Anwendungsfeldern im Bereich der digitalen gestalterischen Entwicklungsarbeit. Von 2006 bis Juni 2011 und von Juni 2014 bis Mai 2018 war er Dekan des Fachbereichs Design der Hochschule Düsseldorf. Seit 2011 ist er wissenschaftlicher Direktor des Instituts bild.medien.

Prof. Dr. Maurizio Ferraris

Design and Digitization

Prof. Dr. Maurizio Ferraris is full Professor of Philosophy at the University of Turin, where he is the President of the LabOnt – Laboratory for Ontology. He was Fellow of Käte-Hamburger Kolleg “Recht als Kultur” (Bonn) and Honorary Fellow of the Center for Advanced Studies of South East Europe (Rijeka) and of the Internationales Zentrum Für Philosophie NRW. He has been Fellow of the Italian Academy for Advanced Studies in America and of the Alexander von Humboldt Stiftung. He has also been Directeur d’études of the Collège International de Philosophie and Visiting Professor at the École des Hautes Études en Sciences Sociales (Paris) as well as other European and American Universities. He is columnist for ‘La Repubblica’, the Director of ‘Rivista di Estetica’, of ‘Critique’, of ‘Círculo Hermenéutico editorial’ and of the ‘Revue francophone d’esthétique’.

Fifty books have been translated into several languages. The books that have appeared in English are: History of Hermeneutics (Humanities Press, 1996); A Taste for the Secret (with Jacques Derrida – Blackwell, 2001); Documentality or Why it is Necessary to Leave Traces (Fordham UP, 2012); Goodbye Kant! (SUNY UP, 2013); Where Are You? An Ontology of the Cell Phone (Fordham UP, 2014); Manifesto of New Realism (SUNY UP, 2014); Introduction to New Realism (Bloomsbury, 2014); Positive Realism (Zer0 Books, 2015).

Prof. Dr. Maurizio Ferraris has worked in the field of aesthetics, hermeneutics, and social ontology, attaching his name to the theory of Documentality and contemporary New Realism. New Realism, sharing significant similarities with Speculative Realism and Object Oriented Ontology, has been the subject of several debates and national and international conferences and has called for a series of publications that involve the concept of reality as a paradigm even in non-philosophical areas.

Prof. Dr. Hyun Kang Kim

Die Aufgabe der Gestaltung im digitalen Zeitalter

Die Digitalisierung bedeutet für das Design Chance und Gefahr zugleich. Der Vortrag geht dieser Ambivalenz nach und fragt nach der Aufgabe des Gestalters im digitalen Zeitalter.

Prof. Dr. Hyun Kang Kim ist Professorin für Designphilosophie und Ästhetik an der Hochschule Düsseldorf. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Ästhetik, Philosophie der Moderne, Gegenwartsphilosophie, Medienphilosophie, Politische Philosophie, Kulturphilosophie, Bildtheorie und Designtheorie.

Prof. Dr. Dieter Mersch

Zur ästhetischen Kritik digitaler Rationalität: Ist Kreativität algorithmisierbar?

Der Vortrag kritisiert den von der KI-Forschung unterstellten Begriff der Kreativität und stellt ihm einen anderen entgegen.

Studium der Mathematik und Philosophie in Köln und Bochum. Promotion und Habilitation in Philosophie an der Technischen Universität Darmstadt. Zwischen 2004 und 2013 Inhaber des Lehrstuhls für Medientheorie und Medienwissenschaften an der Universität Potsdam, seit 2013 Leiter des Instituts für Theorie an der Züricher Hochschule der Künste. Gastprofessuren an den Universitäten Chicago, Budapest, Wien, Sao Paulo. Zwischen 2011 und 13 Sprecher des DFG Graduiertenkollegs Sichtbarkeit und Sichtbarmachung. Hybride Formen des Bildwissens an der Universität Potsdam. Arbeitsschwerpunkte: Medienphilosophie, Philosophische Ästhetik, Semiotik, Hermeneutik und Poststrukturalismus. Publikationen u.a.: Ereignis und Aura. Untersuchungen zur einer Ästhetik des Performativen, Frankfurt/M 2002, Medientheorien zur Einführung, Hamburg 2006, Posthermeneutik, Berlin 2010, Epistemologien des Ästhetischen, Zürich/Berlin 2015.

Prof. Florian Hadler

Beyond UX. A New Paradigm for Interface Design

Interfaces are the most omnipresent medium of the 21st century and its design paradigms are deeply informed by ergonomic questions, cognitivist models and behaviourist methods. The talk investigates different paradigms and explores new ideas for the design of interfaces.

Prof. Dr. Florian Hadler is a visiting professor for media theory at the Berlin University of the Arts.
His academic work focuses on genealogies, paradigms and hermeneutics of digital media, services and applications, on philosophy of secrecy and on visual and diagrammatic narratives. He developed a preliminary ontology of the secret, founded the platform INTERFACE CRITIQUE (interfacecritique.net) and hold a Dr. phil. (summa cum laude) and a Diploma in Media and Communication.

Prof. Dr. Roger Häußling

Daten und, oder Design als Schnittstellen zwischen digitalen und sozialen Prozessen

Im geplanten Vortrag wird der Vorschlag unterbreitet, Daten als Schnittstellen zwischen algorithmischen und sozialen Prozessen zu begreifen. Daten nehmen damit eine vergleichbare Stellung wie das Design ein, was weitreichende Konsequenzen nach sich zieht.

Prof. Dr. Roger Häußling forscht im Bereich der Technik- und Organisationssoziologie und ist ausgewiesen in der sozialwissenschaftlichen Netzwerkforschung und Innovationsforschung. Der Schwerpunkt seiner Forschung liegt auf der Untersuchung von soziotechnischen Arrangements und deren Dynamik.

Prof. Dr. Reinhold Görling

Die Welt im Modus der Äquivalenz? Design der Kommunikation im Zeitalter der Digitalisierung

Was ist das Design einer Kommunikation, die es erlaubt, das eigene Denken und Fühlen und das anderer als einen subjektiven und mentalen Vorgang zu begreifen und zugleich so etwas wie ein epistemisches Vertrauen in die Welt zu finden? Wie müssen soziale Medien aussehen, die sich nicht für Fake News missbrauchen lassen?

Prof. Dr. Reinhold Görling ist seit 2002 Professor für Medienwissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. 1995 Habilitation in Allgemeiner und vergleichender Literaturwissenschaft an der Universität Hannover. Gastprofessuren an der University of California Irvine und der Universität Innsbruck. Seine Forschungsinteressen liegen im Feld zwischen Medienphilosophie, Visual Studies, Psychoanalyse, Performance Studies. Zuletzt erschien „Szenen der Gewalt. Folter und Film von Rossellini bis Bigelow“ (2014) Laufende Forschungsprojekte zu Ästhetik und Ökologie, zu Transitional Justice, zum New Materialism und im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms „Ästhetische Eigenzeiten“ zu Videoinstallationen und zu Slow Cinema.